Die Hitzeinaktivierung von fetalem Kälberserum (HI-FBS) ist eine klassische Labortechnik, die nach wie vor weit verbreitet ist – jedoch nicht immer gerechtfertigt. Dieser Artikel hilft Forschenden zu beurteilen, wann die Hitzeinaktivierung sinnvoll ist, wann nicht, und welche Auswirkungen sie auf unterschiedliche Zelltypen und Assays tatsächlich hat.
Geprüft von Dr. Sabrina Friederichs · Letzte Aktualisierung: 6. November 2025
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Hitzeinaktiviertes fetales Kälberserum (HI-FBS) ist FBS, das einer Wärmebehandlung unterzogen wurde – typischerweise 56 °C für 30 Minuten –, um Komplementproteine und andere potenziell aktive Komponenten zu deaktivieren. Dieser Prozess wurde historisch eingeführt, um immunbedingte Effekte in der Zellkultur zu minimieren, insbesondere in Assays mit Lymphozyten oder anderen empfindlichen Immunzellen.
Das Standardverfahren umfasst:
Auftauen des Serums bei 4 °C
Erhitzen auf 56 °C in einem Wasserbad für 30 Minuten
Sanftes Schwenken alle 5–10 Minuten
Schnelles Abkühlen und Aliquotieren zur Lagerung
Während das Ziel darin besteht, das Komplementsystem zu neutralisieren und immunbedingte Aktivierung zu minimieren, kann die Hitzeinaktivierung auch andere Proteine denaturieren, Nährstoffe abbauen und Präzipitate erzeugen – ihr Einsatz ist also ein Kompromiss, kein Automatismus.
Wichtige Erkenntnisse:
Quelle: In Vitro Cellular & Developmental Biology – Animal
Nims & Harbell, 2017
Die Praxis der Hitzeinaktivierung von fetalem Kälberserum (FBS) entstand in der frühen Immunologieforschung, als das Komplementsystem als potenzieller Störfaktor in in vitro-Experimenten erkannt wurde. Komplementproteine – ein Teil der angeborenen Immunabwehr – können Zelllyse auslösen oder die Aktivierung von Immunzellen beeinträchtigen, was insbesondere in Assays mit Lymphozyten oder Makrophagen problematisch ist.
Als präventive Maßnahme begannen Forschende, das Serum thermisch zu behandeln, um die Komplementaktivität zu neutralisieren. Die Standardvorgabe – 56 °C für 30 Minuten – wurde nicht durch rigorose Vergleichsstudien festgelegt, sondern durch empirische Wiederholung über Jahrzehnte von Laborprotokollen. Im Laufe der Zeit wurde diese Praxis zum Standard, selbst für Zelltypen, die nicht empfindlich auf Komplement reagieren.
Heute wird die Hitzeinaktivierung eher aufgrund historischer Gewohnheit als aus nachgewiesener Notwendigkeit beibehalten. Tatsächlich tolerieren viele Zelllinien unbehandeltes FBS gut – einige zeigen sogar bessere Leistungen, wenn die nativen Serumkomponenten intakt bleiben.
Wichtiger Kontext:
Quelle: Scientific Reports
Mathews et al., 2024
Brauchen wir heute noch HI-FBS für Immunzellkulturen?
Obwohl die Hitzeinaktivierung historisch für Lymphozytenkulturen empfohlen wurde, deuten aktuelle Studien darauf hin, dass viele moderne Immunzell-Assays unbehandeltes Serum gut tolerieren. Systematische Vergleichsstudien zwischen verschiedenen Immunzelltypen (z. B. Tregs vs. Makrophagen) sind jedoch nach wie vor begrenzt.
Quelle: Nims & Harbell, 2017;
Geng et al., 2023
Eine der konstantesten Beobachtungen in Studien ist, dass die Hitzeinaktivierung das Proteom des Serums verändert. Die thermische Einwirkung kann Proteine denaturieren oder aggregieren, hitzeempfindliche Wachstumsfaktoren abbauen und einige Serumkomponenten präzipitieren. Diese Veränderungen sind besonders relevant für Arbeitsabläufe, die auf die native Proteinzusammensetzung angewiesen sind – wie z. B. die Forschung an extrazellulären Vesikeln (EV) oder die Proteomik.
Beispielsweise wurde gezeigt, dass die Hitzeinaktivierung nach EV-Depletion die Proteinprofile von EV-produzierenden Zellen deutlich verändert und damit die Interpretation nachgelagerter Daten beeinflusst. Ebenso kann in der Basiszellkultur das Auftreten von Präzipitaten nach HI die mikroskopische Beobachtung oder die Reproduzierbarkeit von Assays beeinträchtigen.
Quelle: Journal of Extracellular Vesicles
Urzì et al., 2024
Nicht alle Zelllinien reagieren gleich auf HI-FBS. Zum Beispiel behalten humane mesenchymale Stammzellen (MSCs) und Fibroblasten ihre Wachstumsleistung weitgehend unabhängig von der Serum-Hitzeinaktivierung bei. Studien zu Scaffold-Engineering und Gewebeentwicklung zeigen keinen signifikanten Unterschied in Expansionsraten oder Morphologie zwischen Zellen, die in HI-FBS bzw. unbehandeltem FBS kultiviert werden.
Im Gegensatz dazu können Stammzellen oder reproduktive Zellen veränderte metabolische oder Signalreaktionen zeigen, da während der Hitzeinaktivierung labile Faktoren verloren gehen. Dies unterstreicht die Bedeutung der Zelltypspezifik bei der Entscheidung, ob HI-FBS eingesetzt werden sollte.
Quelle: Bioengineering
Pellerin et al., 2021Stem Cells International
Tonarova et al., 2021
Über strukturelle Proteinveränderungen hinaus kann hitzeinaktiviertes Serum auch die intrazelluläre Signalübertragung modulieren. Der p38/AKT-Signalweg, der Zellproliferation und Stressreaktionen steuert, wurde in einigen Studien mit den wachstumsfördernden Effekten von HI-FBS in Verbindung gebracht.
Dies deutet darauf hin, dass HI-FBS nicht nur neutral ist – es könnte das Zellverhalten aktiv durch veränderte Verfügbarkeit von Faktoren beeinflussen. In bestimmten Assays kann diese Modulation vorteilhaft sein; in anderen besteht jedoch das Risiko, die Interpretation der Ergebnisse zu verfälschen.
Quelle: International Journal of Molecular Sciences
Geng et al., 2023
Trotz berechtigter Bedenken bleibt hitzeinaktiviertes FBS in bestimmten Kontexten wertvoll – insbesondere dort, wo die Komplementaktivität die Zellvitalität oder die Integrität von Assays beeinträchtigen könnte.
Anwendungsfälle, in denen HI-FBS empfohlen wird:
In einigen dieser Fälle kann auch AB-Menschserum eine Alternative darstellen, da es eine reduzierte Komplementaktivität bietet, ohne Hitzeinaktivierung zu erfordern. Dabei muss jedoch ebenso auf Loskonsistenz und Verträglichkeit mit dem Zielzelltyp geachtet werden. 👉 Erfahren Sie mehr über Optionen für Humanserum in der Zellkultur.
Nichtsdestotrotz sollte selbst in diesen Szenarien die Notwendigkeit empirisch überprüft werden. Ein direkter Vergleich von Proliferation oder Phänotyp mit HI-FBS versus unbehandeltem FBS zeigt, ob der Inaktivierungsschritt tatsächlich einen Mehrwert liefert – oder lediglich aus historischen Protokollen übernommen wurde.
Die Hitzeinaktivierung kann bestimmte Zelllinien schützen – wissen Sie, welche.
Quelle: Heliyon
Chelladurai et al., 2021
In vielen modernen Workflows kann die Verwendung von hitzeinaktiviertem Serum tatsächlich kontraproduktiv sein. Der Verlust labiler Wachstumsfaktoren und die Bildung von Proteinaggregaten können die experimentelle Genauigkeit beeinträchtigen – insbesondere in Assays, die auf die native Serumzusammensetzung angewiesen sind.
Szenarien, in denen HI-FBS generell vermieden werden sollte:
Darüber hinaus kann hitzeinaktiviertes Serum trüb erscheinen oder zur Präzipitation neigen, was die Medienzubereitung erschwert und möglicherweise zu Fehlinterpretationen bei Mikroskopie oder Vitalitätsassays führt.
Quelle: Scientific Reports
Mathews et al., 2024
Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass die Hitzeinaktivierung die Konsistenz des Serums zwischen verschiedenen Losen verbessert. In Wirklichkeit unterliegt HI-FBS derselben Lot-zu-Lot-Variabilität wie unbehandeltes FBS, und in manchen Fällen kann das Erhitzen die Unterschiede sogar verstärken, da bestimmte Proteine in einigen Chargen stärker degradiert werden als in anderen.
Darüber hinaus führt der Inaktivierungsprozess eine neue Variable ein: die Handhabung durch den Anwender. Unterschiede in Inkubationszeit, Schwenkfrequenz, Kalibrierung des Wasserbads und Abkühlraten können den Grad der Inaktivierung und das endgültige Serumprofil beeinflussen – insbesondere bei manueller Durchführung im eigenen Labor.
Best practices:
Quelle: In Vitro Cellular & Developmental Biology – Animal
Nims & Harbell, 2017
Wenn Ihre Anwendung tatsächlich HI-FBS erfordert, sind Konsistenz und Sterilität entscheidend. Eine unsachgemäße Durchführung kann zu Nährstoffabbau, mikrobiellen Risiken oder Inkonsistenzen zwischen Chargen – selbst innerhalb desselben Lots – führen.
Empfohlenes Vorgehen:
Für Labore, die validierte Reagenzien bevorzugen, kann der Einsatz kommerziell vorinaktivierten HI-FBS helfen, die Variabilität zu reduzieren.
Quelle: UNC Tissue Culture Facility Guidelines
UNC Lineberger, 2025
| Product Name | Volume | Cat No |
|---|---|---|
| FBS Advanced (FBS Minis), HI - South America | 500 ml | 10-FBS-HI-11F |
| FBS Xtra (FBS Minis), HI - South America | 500 ml | 10-FBS-HI-16F |
| FBS Standard (FBS Minis), HI - South America | 500 ml | 10-FBS-HI-12F |
| FBS, HI - South America | 500 ml | FBS-HI-12A |
| FBS, HI - South America | 100 ml | FBS-HI-12B |
| FBS, HI - USA Origin | 500 ml | FBS-HI-22A |
| FBS, HI - USA Origin | 100 ml | FBS-HI-22B |
| FBS Advanced, HI - South America | 500 ml | FBS-HI-11A |
| FBS Advanced, HI - South America | 100 ml | FBS-HI-11B |
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Die Hitzeinaktivierung von FBS ist an sich weder gut noch schlecht – sie ist ein kontextabhängiges Werkzeug. Während sie in bestimmten immunologischen oder empfindlichen Assays vorteilhaft sein kann, kann sie in anderen die Leistung beeinträchtigen, indem Serumkomponenten degradiert oder analytische Ergebnisse verfälscht werden.
Statt sich auf Gewohnheit oder Annahmen zu verlassen, sollten Labore HI-FBS als Variable betrachten – eine, die einen direkten Vergleichstest und eine durchdachte Einbindung in die Protokolle rechtfertigt.
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In der Regel nicht. Zahlreiche Studien zeigen, dass mesenchymale Stammzellen (MSCs) in unbehandeltem FBS effektiv proliferieren und differenzieren. Die Hitzeinaktivierung ist meist nicht erforderlich, es sei denn, Ihr Protokoll richtet sich gezielt auf komplementempfindliche Bedingungen.
Das Standardprotokoll lautet: 56 °C für 30 Minuten mit sanftem Schwenken alle 5–10 Minuten. Häufige Fehler sind Überhitzung, unzureichendes Schwenken und das Nicht-schnell-Abkühlen des Serums – jeder dieser Fehler kann die Serumqualität beeinträchtigen.
Sie kann die Profile extrazellulärer Vesikel deutlich verändern, indem serumabgeleitete Vesikel und deren Proteingehalt modifiziert werden. HI-FBS sollte daher bei der EV-Isolation und in Omics-Workflows vermieden werden, es sei denn, die Anwendung wurde ausdrücklich validiert.
Gamma-Bestrahlung wird zur Reduzierung von Krankheitserregern eingesetzt, ersetzt jedoch nicht die Hitzeinaktivierung. Sie wirkt nach einem anderen Mechanismus und kann ebenfalls die Serum-Eigenschaften verändern. Für einige empfindliche Anwendungen ist FBS erhältlich, das doppelt behandelt wurde (HI + Gamma), muss jedoch ebenfalls validiert werden.
Ja – und das sollten Sie auch tun. Der zuverlässigsten Ansatz ist ein kleinskaliger Vergleich von Wachstum, Morphologie oder Assay-Ergebnissen derselben Zelllinie in HI-FBS versus unbehandeltem FBS.
Trübungen entstehen häufig durch Proteinaggregation oder Präzipitation während der Hitzeinaktivierung. Sie weisen nicht zwingend auf eine Kontamination hin, können jedoch die Klarheit des Mediums beeinträchtigen und sollten hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf Assays überprüft werden.
Wie man fetales Rinderserum (FBS) hitzeinaktiviert (HI-FBS)
Verwenden Sie dieses validierte Protokoll, um eine konsistente und effektive Hitzeinaktivierung zu gewährleisten und gleichzeitig das Risiko von Proteinabbau oder mikrobieller Kontamination zu minimieren.
Benötigte Materialien:
Schritt-für-Schritt-Protokoll:
Tipp: Bilden sich nach der Hitzeinaktivierung Trübungen oder Präzipitate, kann bei Bedarf eine Sterilfiltration durch eine 0,2 μm-Membran erfolgen – beachten Sie jedoch, dass dies den Serumgehalt weiter verändern kann.